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Die evangelische Kirche von Falkenbach

Der Ort Falkenbach wird erstmals 1292 in einem Abgabenregister des Stifts Dietkirchen erwähnt. Vermutlich gehörte der Ort in dieser Zeit bereits zur Herrschaft Runkel. In kirchlicher Hinsicht war er ab 1495 zusammen mit dem Fürfurter Hof bei der Pfarrei Villmar eingepfarrt. Beide Orte waren durch eine Furt in der Lahn verbunden. Eine Kapelle mit Friedhof lag rechts der Lahn auf dem heute zu Falkenbach gehörendem "Fürfurter Feld" und wurde von den Einwohnern beider Orte genutzt. Nach der Einführung der Reformation um 1570 wurde Falkenbach gemeinsam mit Aumenau der Pfarrei in Seelbach angeschlossen. Die alte Kapelle wurde 1819 auf Abriss versteigert und der Gottesdienst erst im Gemeindehaus, ab 1901 im neuen Schulgebäude des Ortes gehalten. 1953 wechselte Falkenbach aus dem Kirchspiel Seelbach in eine Pfarrgemeinschaft mit Gräveneck. Zeitgleich mit der Bildung dieser neuen Pfarrei wurde auch der Bau einer eigenen Kirche angestrebt. Der damalige Pfarrer Hoffmann und der Kirchenvorstand von Falkenbach erhielten bereits 1954 von der Darmstädter Kirchenleitung die Genehmigung für das Bauvorhaben. Der Baubeginn erfolgte im Oktober 1955. Die Entscheidung für die heutige Baugestalt mit einem einzeln stehenden Campanile fiel in Darmstadt und war im Ort sehr umstritten. Es kam zu ausgedehnten Diskussionen und Klärungsgesprächen, die zu einer zwölfmonatigen Verzögerung des eigentlichen Baubeginns führten. So waren die Außenanlagen und der Turm bei der feierlichen Einweihung am 17. März 1957 noch nicht ganz fertig gestellt, was im folgenden Jahr geschah.

Der Kirchenbau

Die Kirche steht am westlichen Ortsrand von Falkenbach an der ansteigenden Straße nach Wirbelau. Treppenanlage und Vorplatz wurden erst vor zehn Jahren erneuert. Der Bau zeigt eine betont sachliche, funktionale Architektur, die typisch ist für seine Entstehungszeit. Der weiß gestrichene Putzbau erhebt sich über dem Grundriss eines langgestreckten Rechtecks und wird von einem flachen verschieferten Satteldach gedeckt. Links der hölzernen Eingangstür ist eine kleine Steintafel „AD 1955“ (Anno Domini 1955), dem Jahr des Baube-ginns, eingelassen. Kleine hochrechteckige Fenster und eine hölzerne Eingangstür gliedern die Vorderseite, ein größerer Abschnitt mit einer wandhohen Verglasung bezeichnet bereits im Äußeren den Altarbereich. Im Inneren empfängt den Besucher ein kleines Entree, das die Funktionsbereiche sowie den annähernd quadratischen Gemeinderaum erschließt, der durch eine hölzerne Falttür zum Kirchsaal geöffnet werden kann. Von hier aus betritt man rechterhand den hellen Gottes-dienstraum. Dieser besteht aus einem Saal mit einer Holzdecke in warmer Farbigkeit. Die ursprünglichen Bänke der fünfziger Jahre wurden im Jahr 2000 durch eine Bestuhlung ersetzt. Der Altarbereich ist durch zwei Stufen erhöht und mit einem grauen, glänzenden Steinboden ausgezeichnet. An der Nahtstelle beider Raumteile erhebt sich ein schlichtes hölzernes Lesepult.

Dr. Verena Fuchß

Während der Gemeinderaum durch die Fenster mit tief gezogenen Sohlbänken belichtet wird, ist die südöstliche Wand des Altarbereichs durch eine vom Boden bis unter die Decke reichende Fensterzone ersetzt, so dass der Altar als das Herz der Kirche fast immer in helles Licht getaucht ist. Die große Öffnung ist in neun Quadrate unterteilt, die seit 1963 mit einer Farbverglasung mit Bleistegen versehen sind, welche die ursprünglichen Glasbausteine von 1957 ersetzen. Sie zeigt in bogen- und parabelförmigen Schwüngen in stark abstra-hierender Formensprache ein augenförmiges Motiv. Dies spielt an auf die christliche Vorstellung des Auges Gottes als Symbol der Wachsamkeit, allwissenden Weisheit und behütenden Allgegenwart Gottes. Die Farben zeigen kühle Blau-, Lila- und Grautöne, die durch rote und gelbe Farben kontrastiert werden und sich in ihrer Wirkung genseitig stei-gern. Die damaligen Kosten von 3500,- DM wurden aus dem Gemeindeetat bezahlt.

Der Altarbereich mit dem Wandbild der Kreuzigung

Der Altar erhebt sich über einem eigenen Podest und besteht aus zwei Steinquadern mit einer steinernen Tischplatte. Hinter ihm ist die gesamte Wand mit einer Darstellung der Kreuzigung Christi bemalt. Das Bild wurde 1957 von dem Diezer Künstler Rudolf Fuchs gemalt. Es zeigt im Zentrum über dem Altartisch den Gekreuzigten zwischen den beiden Schächern. Der bereits Gestorbene mit geschlossenen Augen und großer Dornenkrone hängt am Kreuzesstamm mit geneigtem Haupt, seine Linke im Segensgestus. Der römische Soldat Longinus mit Rüstung und Helm sticht gerade mit seiner Lanze Jesus in die Seite, um seinen Tod zu beweisen. Direkt unterhalb des Kreuzes Jesu steht der Lieblingsjünger Johannes, während Maria Magdalena auf die Knie gefallen ist – beide haben ihre Hände flehend gefaltet. Etwas seitlich wird die schmerzensbleiche Mutter Jesu von zwei Frauen gestützt. Während im Hintergrund einige berittene römische Soldaten das Geschehen beobachten, schließt eine Dreiergruppe orientalisch gekleideter Männer die Komposition ab. Auf der anderen Seite der Wand steht vereinzelt und nahe dem Kreuz Christi der römische Hauptmann. Mit seiner Linken weist er auf Christus, sein ernster Blick ist auf den Betrachter gerichtet. Rechts von ihm würfeln drei Soldaten um Jesu Gewand. Im Hintergrund stehen weitere römische Soldaten, und mit einigen Bauten wird die Stadt Jerusalem angedeutet. Der Maler bediente sich bei seiner Kreuzigungsszenerie nur weniger, reduzierter Pinselstri-che und begnügte sich mit der Andeutung der Gewand- und Körperformen. Auch in der Farbigkeit beschränkte er sich auf wenige und sehr gedämpfte Töne, um die Darstellungsinhalte umso intensiver wirken zu lassen. Das Wandgemälde, das ursprünglich die gesamte Wand einnahm, wurde bei einer Renovierung mit heller Farbe umfangen, so dass es heute wie ausgeschnitten wirkt.

Der Künstler des Gemäldes

Rudolf Fuchs wurde am 03. Aug. 1898 in Diez geboren und besuchte nach dem Abitur die Kunstakademie in München und war Schüler von Professor Karl Becker. 1934/35 war er maßgeblich an der Freilegung und Restaurierung der Fresken im Limburger Dom beteiligt. Bis 1944 lebte er an unterschiedlichen Orten, um sich dann endgültig in Diez anzusiedeln. Bis zu seinem Tod am 20.01.1985 arbeitete er als Kunstmaler und Graphiker, zudem entwarf er viele Fresken und Mosaike und schuf auch Glasgemälde. Anlässlich seines 100. Geburtstags ehrten ihn die Städte Limburg und Diez mit zwei Ausstellungen. Wie kein anderer heimischer Maler hat Fuchs immer wieder Motive seiner Vaterstadt und der näheren Region für die Nachwelt festgehalten. Rudolf Fuchs sah seinen künstlerischen Auftrag vor allem darin, Gottes Schöpfung so wiederzugeben, wie sie ist.

Der Kirchenbau von Falkenbach spiegelt das sachlich-nüchterne Architekturverständnis der fünfziger Jahre wieder, das sich – sicher auch bedingt durch die beschränkten Mittel jener Zeit – auf die Gestaltung einer schlichten Raumschale beschränkte, die nicht von der Got-tesdiensthandlung ablenkt. Die künstlerische Ausstattung durch das den Raum dominierende Wandgemälde wertet den Raum auf und verweist den Gottesdienstbesucher auf das zentrale Geschehen des christlichen Glaubens.

Kirchturm und Glocken

Der hohe, weiß gestrichene Kirchturm steht fast direkt an der Straße und bildet einen markanten Blickpunkt. Oberhalb der Glockenstube mit ihren großen Schallöffnungen erhebt sich ein niedriges Satteldach. Im Turm befinden sich zwei Glocken. Die ältere von ihnen stammt aus dem Jahr 1786. Ursprünglich hing sie in der alten Kapelle, kam dann in das alte Schulgebäude Falkenbachs und wurde nach Fertigstellung des Turms im Herbst 1957 hier aufgehängt. Sie ist reich verziert und zeigt am oberen Glockenrand ein breites Ornamentband mit Engeln mit weit ausgebreiteten Flügeln sowie eine längere Inschrift.

Diese lautet:

SOLI DEO GLORIA 1786
JOHANN PHILIPP DINGES HEIMBERGER - PHILIPP FRIEDRICH JUINSTER
BURGEMEISTER DER GEMEINDE FALCKENBACH BIN ICH
NICOLAUS BERNHART VON DIEFFENBACH GOS MICH
IN GOTTES NAMEN FLOSS ICH

Da das Glockengeläut auch als Alarmsignal bei Angriffen und Feuer diente, wurde der Bau von Kirchtürmen und die Anschaffung der Glocken oft von der weltlichen Gemeinde unterstützt, teilweise gänzlich finanziert. J. Ph. Dinges und Ph. Fr. Juinster hatten als Heim-berger und Bürgermeister die beiden höchsten Ämter in einer dörflichen Gemeinschaft inne. Der Begriff „Heimberger“ (auch: „Heimbürger“) ist heute wenig bekannt: Dieses Amt wurde in den nassauischen Ländern im Jahr 1536 eingeführt, 1606 dessen Tätigkeitsfeld im Einzelnen beschrieben. Die jeweilige Obrigkeit ernannte für jede Gemeinde eine Person als sogenannter Heimberger, dessen Haupttätigkeit vor allem im Eintreiben der Steuern für die Herrschaft bestand. Mit dieser Funktion als staatlicher Repräsentant und Kontrolleur nahm er eine wichtige gesellschaftliche Stellung in den Dörfern ein.

Der Glockengießer Nikolaus Bernhart war Mitglied einer um 1800 in Tiefenbach arbeitenden Gießerfamilie. Er schuf im Jahre 1809 auch die Glocken für Drommershausen und Gräveneck, die aber beide in späteren Zeiten verloren gingen. Unterhalb des Schriftfeldes findet sich noch ein schmales Zierband mit zarten floralen Motiven. Neben der Inschrift und den beiden Ornamentstreifen wurde die Glocke noch mit zwei Reliefs geschmückt. Das größere zeigt König David auf einer Harfe spielend. Auf dem bäuerlich-naiv gestalteten Bild sitzt der alttestamentarische König in einem gefältelten Gewand auf einem verzierten Stuhl und hält auf dem Schoss eine große Harfe, die mit einem Frauenkopf verziert ist.

Auf der gegenüberliegenden Seite der Glocke ist ein kleineres Bild mit der Figur des Petrus zu sehen, wie die beigefügte Inschrift sowie das Attribut des Heiligen, ein großer Schlüssel, belegen.

Die zweite, sehr viel jüngere Glocke besitzt den Schlagton „E“ und wurde zum großen Teil von Spenden der Gemeindemitglieder finanziert.

Sie trägt den Text:

+ CHRISTUS SPRICHT: ICH BIN DER WEG DIE WAHRHEIT UND DAS LEBEN

JOH 14, 6,

EVANGELISCHE KIRCHENGEMEINDE FALKENBACH.

Ein Firmenzeichen verweist auf die Glockenwerkstatt Rincker in Sinn und auf das Herstellungsjahr 1963.

Taufbecken

Im Jahr 2017 wurde ein Taufbecken aus chinesischem Granit für den Kirchraum angeschafft.

KV

Weitere Investitionen

Bei großer Spendenfreudigkeit kamen 2.000,-- DM für ein neues Harmonium zusammen, dass Mitte des Jahres 1962 durch die Kirchengemeinde angeschafft wurde.

Die alte, unschöne Bruchsteinmauer an der Kirche, Ecke Grüner Weg und Langgasse, wurde im August 1965 abgerissen. Eine neue Bruchsteinmauer rundet nicht nur das Gesamtbild ab, sondern dient auch einer besseren Straßenführung. 

Im Jahr 1988 wurde die Falkenbacher Kirche „von Grund auf“ renoviert.

Die Baumaß­nahmen umfassen die Isolierung sämtlicher Grundmauern an Kirchenschiff und Glockenturm, Ausbesse­rung der Schäden am Verputz, die durch aufsteigende Nässe entstanden sind, sowie den gesamten Außenan­strich und die Erneuerung des Anstrichs im Nebenraum und der Sakristei. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 61.000 DM.

Im Sommer 1991 stellte die Kirchengemeinde ohne größere bürokratische Verhandlungen der Zivilgemeinde die Wiese hinter der Kirche für einen Gemeindespielplatz zur Verfügung. Bei einer kleinen Feier nahmen die Dorfkinder im Beisein der Eltern und Vertreter der Gemeinde und Kirche/an. Der Spielplatz wird auch heute noch von den Kindern rege genutzt.

Im Sommer 2000 begannen erneut größere Renovierungsarbeiten, die bereits unter Pfarrer Knerr geplant worden waren. Eine (bisher nicht vorhandene) Bodenplatte, Fenster, Heizung, Küchenzeile, Toilette wurden im Kirchenschiff eingebaut. Holzdecke und Bleiglasfenster wurden renoviert, sowie der Treppenaufgang neu gestaltet. Die aus edlem Holz gefertigten Kirchenbänke wurde gegen eine Einzelbestuhlung ersetzt. Die Zweckdienlichkeit auf der einen Seite hat dem Raum zwar etwas von seinem kirchlichen Charakter genommen, sind doch seit Menschen Gedenken die christlichen Gotteshäuser im Kirchenschiff mit Sitzbänken ausgestattet. Doch auch eine Kirche (sowohl als Institution als auch als Bauwerk) hat die Pflicht sich zu modernisieren. Nach Abschluss der Arbeiten im Januar 2001 beliefen sich die Baukosten auf 300.000,‑ DM. Die Falkenbacher Gläubigen finden nun Gotteshaus und Gemeinderaum unter einem Dach.

Neue Orgel

Das zwischenzeitlich „altersschwache“ Harmonium wurde 1991 durch eine 1950 von der Fa. Hess aus Durlach erbaute pneumatische Orgel (für Kenner: Gedackt 8‘, Praestant 4‘, Prinzipal 2‘, Cymbel 3-fach) ersetzt. Das Klangvolumen war jedoch für den Kirchraum zu groß, so dass man sich 2007 entschloss, eine kleinere Orgel zu beschaffen. Die Kirchenvorstände beschlossen 2013 die pneumatische Orgel der ebenfalls zur Pfarrei gehörenden Kirchengemeinde Wirbelau zu überlassen. Nach vollständiger Überarbeitung wurde sie an Pfingstsonntag 2014 in der Wirbelauer Kirche eingeweiht.

Sanierung 2016/2017

Nicht nur die Außenmauern der Kirche erhielten als "neues Kleid" einen hellen Außenanstrich und das Dach einen "neuen Hut" (Schiefereindeckung). Auch der Kirchenraum wurde durch einen Neuanstrich aufgewertet. Daneben erfolgten Restaurierungsarbeiten am Altarbild. Zum Abschluss konnte im Januar/Februar 2017 auch ein behindertengerechter Zugang von Grünen Weg her verwirklicht werden. 2018 erhielt der Glockenturm noch einen neuen Anstrich. Für die Maßnahmen standen insgesamt ca. 143.000 € zu Verfügung.

Historische Bilddokumente

In dieser Stelle herzlichen Dank an Frau Dr. Verena Fuchß für die Erstellung der Dokumentation (ergänzt durch Norbert Dreßler).

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